Feststellungen und Fragen

P.S.: Die Hülle des Schweigens wurde bis heute (!) keinen Millimeter (!) geöffnet.

Soweit die Öffentlichkeit dies bislang an Presseberichten über Gerichtsprozesse ablesen konnte, sind bislang für den Zeitraum 2011 und 2012 im Raum Langendreer lediglich zwei polizeiliche Ermittlungserfolge im Zusammenhang mit rechtsradikal motivierten Straftaten zu verbuchen. Bis dato nicht veröffentlicht sind die Ergebnisse bezüglich vieler anderer Fälle von Straftaten, die im genannten Zeitraum großenteils zweifelsfrei von Neonazis in Langendreer begangen worden sind.

Von daher hat „Langendreer gegen Nazis“ Fragen von allgemeinem, öffentlichem Interesse zusammengetragen, die wir hier als dreiteiligen Fragenkatalog veröffentlichen.

“Langendreer gegen Nazis“ erwartet möglichst detaillierte Auskünfte zu allen aufgeworfenen Fragen. Ferner unterstellen wir, dass der Bezirksbürgermeister, etliche Lokalpolitiker, die lokale Presse und vor allem viele Langendreerer Bürger ebenfalls möglichst detaillierte Auskünfte erwarten.

Zu den beiden offensichtlichen Ermittlungserfolgen:

* Wegen Nazi-Pöbeleien am 1. Mai 2011 (ein junges Pärchen wurde äußerst hässlich und widerlich beleidigt und bedroht und ihnen wurde ein Nazi-Gruß entgegengeschleudert) konnte gegen drei Neonazis (zwei Brüder und deren Schwager) prozessiert werden. Am 2. Dezember 2011 fand die erstinstanzliche Verhandlung und am 3. Mai 2012 das Berufungsverfahren statt, es blieb bei Verurteilungen . Die beiden volljährigen Verurteilten waren zuvor schon des Öfteren angeklagt – mitunter wegen rechtsextremer Delikte- jedoch in den meisten Fällen freigesprochen worden.

* In der Nacht auf den 25. September 2011 überfallen laut Presseberichten ELF Neonazis am S-Bahnhof Passanten, verletzen diese und treten sie ins Gleisbett – kurz bevor die S-Bahn einfährt. Ein Opfer wurde mit mehreren Platzwunden und einer Gehirnerschütterung bewusstlos in seiner Blutlache liegen gelassen. Aufgrund der polizeilichen Ermittlungen konnte lediglich ein Verfahren gegen ZWEI der elf Täter eröffnet werden. Am 12. Juni 2012 kommt es zur Verurteilung von gerade mal EINEM der Täter. Der zweite der elf Täter wurde erstinstanzlich freigesprochen. Mehr als peinlich waren in diesem Fall die polizeilichen Ermittlungsfehler. Ganz davon abgesehen zitieren wir eine Rechtsextremismusexpertin, die zum erstinstanzlichen Prozess wie folgt kommentierte: „Bei vielen Prozessen im Ruhrgebiet habe ich den Eindruck, dass die Gerichte zwar um eine angemessene Aufklärung der rechtsextremen Gewalt bemüht sind. Das kann aber nur gelingen, wenn man ihr Wesen auch durchschaut. Einigen Gerichten fällt es aber noch schwer, solche Gewalttaten als Teil einer Strategie zu erkennen“. Die Verteidigung des Verurteilten legte Berufung ein, bezüglich des Freigesprochenen Neonazis ging die Staatsanwaltschaft in Berufung. Die Berufungsverhandlung fand am 14. Dezember 2012 statt und bestätigte das Urteil.

 

Unsere Fragen:

1) Wie ist der Stand der polizeilichen Ermittlungen insbesondere in den im folgenden genannten Fällen? Sind die Ermittlungen abgeschlossen? Sind bereits Akten an die Staatsanwaltschaft übermittelt worden?

1a) Am 6. September 2011 geht im Krebsfeld ein Auto in Flammen auf. Näheres wird nicht bekannt, siehe auch 1b).

1b) Einige Wochen zuvor brannte bereits in der Alten Bahnhofstraße ein Auto ab. Der Geschädigte passt ins Feindbild der Neonazis. Ein rassistischer Hintergrund konnte nach Zeitungsberichten weder bei 1a) noch bei 1b) ausgeschlossen werden. Beide Brandorte lagen im engsten Hauptaktionsradius der bekanntesten und aktivsten Neonazis in Langendreer.

Sind die Brandursachen von 1a) und 1b) mittlerweile abschließend aufgeklärt? Wenn ja: was war jeweils das Tatmotiv?

1c) In der Nacht zum 25. Oktober 2011 explodiert an der Kaltehardtstraße eine Pizzeria. Die Betreiber der Pizzeria passen ins Feindbild der Neonazis. Der Tatort ist extrem nah am Wohnort mehrerer einschlägig bekannter Neonazis. Über die Brandursache vermeldeten die Medien nichts Abschließendes. Die letzte Meldung war im Januar 2012, dass die Ursache der Explosion „weiterhin unklar“ sei.

Auch hier bleibt bis auf Weiteres der Verdacht auf einen rechtsextremen Hintergrund. Ist die Brandursache mittlerweile abschließend aufgeklärt?

1d) Am 14. November 2011 verfolgt und belästigt ein nur allzu bekannter Langendreerer Neonazi drei Mädchen. Die Polizei war anfänglich von einem „ Nachbarschaftsstreit“ ausgegangen. Besteht dieser polizeiliche Anfangsverdacht fort oder wird inzwischen viel mehr doch eine rechtsextremistisch motivierte Tat vermutet? Sind die Ermittlungen abgeschlossen?

1e) Am 23. und 27. November 2012 treten zwei allzu bekannte Neonazi-Gebrüder in Langendreer mit Eierwürfen, Beleidigungen und Hitlergruß in Erscheinung. Gegen den älteren der beiden Brüder, der auch Hitler gegrüßt haben soll, fand am 14. Dezember 2012 die Revisionsverhandlung bezüglich des brutalen Überfalls vom 25. November 2011 an der S-Bahn statt. Gegen ihn wurden schon häufiger Verfahren eingestellt bzw. er musste mangels besserer Beweislage freigesprochen werden. Zum Beispiel auch im Fall 1d) war er „aktiv“.

1f) Am 4. Dezember 2012 gibt es einen Neonazi-Überfall mit Schlagstöcken und Ähnlichem am helllichten Tage auf fünf Frauen und einen Mann an der S-Bahn in Langendreer. Die Opfer müssen teilweise mit Nasenbeinbruch und Vergleichbarem im Krankenhaus behandelt werden.

1g) Am 7./8. Januar 2013 brannten mehrere Autos in Langendreer West. Mindestens ein Auto soll einer Migrantenfamilie gehört haben. Ist hier die Brandursache bereits geklärt? Stimmt es, dass der Neonazi, der zum damaligen Zeitpunkt unmittelbar beim Explosionsort von 1c) wohnhaft war, jetzt wieder unmittelbar am Tatort wohnte? Wir erinnern, dass der fragliche Neonazi auch fußläufig bei den Brandorten von 1a) und 1b) wohnte.

1h) Am 9. Januar 2013 wurde aus einem silberfarbenen 3er BMW heraus von einem kurzgeschorenem, blonden Täter mit einer scharfen Pistole ein Fußgänger mit zwei Kindern bedroht. Passten die Bedrohten ins Opferschema der Neonazis? War die Bedrohung möglicherweise rassistisch motiviert? Fährt ein der Polizei bekannter Neonazi einen silberfarbenen 3er BMW?

1i) Konnte die Polizei in einem der vielen anderen Fälle erfolgreich ermitteln? Wenn ja: in wie vielen Fällen? Ist die Staatsanwaltschaft bereits im Besitz der jeweiligen Akten?

 

2a) Erfasst die Polizei in einer eigenen Chronik sämtliche (auch eventuelle) Neonazi-Aktivitäten im Raum Langendreer? Falls ja: seit wann?

2b) Sind der Polizei -außer den in der „fortlaufenden Chronik“ auf www.langendreer-gegen-nazis.de (siehe dort: rechte Spalte) veröffentlichten Vorfällen- weitere (möglicherweise) rechtsradikal motivierte Straftaten in Langendreer bekannt? Wenn ja: wie viele (Jahresstatistiken, Quartalsstatistiken, Monatsstatistiken)?

2c) Wie viele polizeiliche Ermittlungen gegen Rechtsextreme im Raum Langendreer sind bereits abgeschlossen? Wie viele davon erfolgreich? Wie viele wurden erfolglos eingestellt?

2d) Wie viele Anzeigen rechtsmotivierter Straftaten wurden 2011 bzw. 2012 im Raum Langendreer aufgenommen (Jahresstatistiken, Quartalsstatistiken, Monatsstatistiken)?

2e) Auf welche Delikte verteilen sich wie die Anzeigen?

2f) Auf welche Delikte verteilen sich wie die Ermittlungen?

 

Und schließlich:

3) Gibt bzw. gab es (überörtliche) Verbindungen von denjenigen Neonazis, über deren (eventuelle) Straftaten die Bochumer Polizei bisher ermittelt hat, zu:

3a) NPD-Politikern? Beispielsweise zu NPD-Ratsherren aus Bochum und/oder Essen? Oder zu anderen „prominenten“ (Bochumer) NPD-Mitgliedern?

3b) Neonazi-Organisationen, die einschlägig bekannt sind, wie beispielsweise:

* „Skinheadfront Dortmund Dorstfeld“ (zweiter Link)?

* „Nationale Sozialisten“ in Essen?

* „Division Altenessen“?

* Kameradschaft „Volkssturm Deutschland“, „VsD“ (Kanal eines Mitglieds)?

* „Nationaler Widerstand Dortmund“?

* anderen rechtsextremen Organisationen?

3c) Beispielsweise waren die Inhaber der bei der „Razzia gegen Rechts“ am 23. August 2012 in Bochum durchsuchten Wohnungen laut Presse Mitglieder des „Nationalen Widerstands Dortmund“ (der im August 2012 vom NRW-Innenministerium verboten worden ist). Welche weiteren Ermittlungserfolge können aus der bisherigen überörtlichen Polizeizusammenarbeit konstatiert werden?

 

Viele Fragen also, deren Beantwortung man der Langendreer Bevölkerung bisher schuldig geblieben ist.

Am Donnerstag, den 24. Januar 2013 beim „Runden Tisch gegen Rechts“ gäbe es eine erste Gelegenheit, das nachzuholen. (18:00 Uhr im Sitzungssaal der Bezirksverwaltungsstelle Bochum-Ost in Langendreer am Amt.)

 

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